Dirigentin Yura Yang bei ihrer Arbeit
Foto: Felix Grünschloss

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Was macht eigentlich ein:e Dirigent:in?

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Wie werde ich Dirigent:in?

Die Dirigentin: Warum die Persönlichkeit so wichtig ist

Text: Elisa Giesecke

Yura Yangs Blick ist hoch konzentriert, ja fast schon streng, als sie den Taktstock hebt. Es ist nur eine kurze Sequenz, in der die Dirigentin im Stream zu sehen ist, aber der reicht aus, um zu erkennen, dass da jemand steht, der diese Premiere zu einem Erfolg machen will. Strawinskys „Feuervogel“ ist ihre erste Arbeit als Dirigentin am Badischen Staatstheater Karlsruhe, wo sie seit der Spielzeit 2020/21 als 2. Kapellmeisterin und Assistentin des Generalmusikdirektors engagiert ist.

Mit einem russischen Komponisten hat auch damals alles begonnen. Siebzehn war Yura Yang, als sie zum ersten Mal Tschaikowskys Klavierkonzert Nr.1 hörte und kurzerhand entschied, Musik zu ihrem Beruf zu machen. Da junge Menschen in Südkorea schon sehr viel früher ausgebildet werden als in vielen anderen Ländern, wird es mit zunehmendem Alter schwierig, einen Studienplatz zu bekommen. Also ging sie nach Deutschland, um an der Hochschule für Musik in Detmold im Bachelor Dirigieren zu studieren. Auch wenn sie ihre Entscheidung nicht bereut, betrachtet sie sie rückblickend als sehr naiv: „Für mich gab es nur die Möglichkeiten, Klavier zu spielen oder zu dirigieren. Aber stundenlang alleine am Klavier üben, wollte ich nicht, so kam ich darauf, dass Dirigieren das richtige für mich wäre.“ Sie sollte Recht behalten. 2016 wurde sie in das Dirigentenforum des Deutschen Musikrates und 2019 in die Künstlerliste Maestros von Morgen aufgenommen.

„Stundenlang alleine am Klavier üben, wollte ich nicht, so kam ich darauf, dass Dirigieren das richtige für mich wäre.“

Dass sie als Frau (leider) immer noch eine Besonderheit in diesem Beruf ist, nimmt Yura Yang gar nicht so wahr. Möglicherweise hat es auch damit zu tun, dass es im Koreanischen keine weibliche oder männliche Form für Dirigent gibt. „Ich habe immer nur den Beruf gesehen und mir darüber gar nicht so viele Gedanken gemacht“, sagt sie. Warum es so wenige Dirigentinnen gibt, kann sich nicht erklären. „Vielleicht liegt es daran, dass Männer Machtpositionen eher bevorzugen als Frauen“, meint sie. Ihr selbst geht es als Dirigentin vor allem darum, die Musikerinnen und Musiker mitzuziehen, sie zu motivieren und in dem, was sie tun, gut aussehen zu lassen. Darum, das gleiche Ziel zu haben und gemeinsam etwas Besonderes aus einer Vorstellung zu machen. Für eine junge Dirigentin kann das eine großer Herausforderung sein. „Von mir kommt ja kein Ton, die Musik machen die Musiker – aber natürlich muss ich sie auf freundliche und respektvolle Art dahin bringen, wohin ich es möchte. Da die richtige Kommunikation zu finden ist schwer, wenn man siebzig oder mehr Leute vor sich sitzen hat, von denen viele schon lange Orchestererfahrung haben.“ Selbstbewusstsein sei daher eine wichtige Voraussetzung für diesen Beruf. „Man kann vielleicht alles wissen oder lernen, aber wenn die Persönlichkeit nicht anspricht oder die Musiker:innen nicht damit zurechtkommen, dann hat man als Dirigent keine Chance“, ist Yura Yang überzeugt. „Für mich ist sehr wichtig, dass die Menschen mir vertrauen, dass ich sie richtig führe. Die Energie, die ich von den Menschen zurückbekomme, ist für mich das Beste an diesem Beruf.“

Auch wenn man, wie Yura Yang, die nötige Leidenschaft für den Beruf mitbringt, viel verdient man als Kapellmeisterin nicht. „Man wird nicht reich damit, außer man wird berühmt“, lacht die Dirigentin. Dem Ziel ist sie ja vielleicht schon wieder ein Stück näher gerückt, immerhin war „Der Feuervogel“ – wenn auch nur als Online-Premiere zu sehen – ein voller Erfolg.

erschienen in junge bühne Nr. 15