Oliver Foth an seinem Arbeitsplatz.
Foto: Sarah Ritter

Video

Was macht ein:e Tontechniker:in?

Lebenslänglich Klassenfahrt

Text: Sarah Ritter

Auf der Homepage des Schauspiel Köln wird in der Technik zwischen den drei Abteilungen Licht, Ton und Video unterschieden. Oliver Foth ist unter Ton zu finden. Neben seinem Namen steht „Vorarbeiter“. Sein Weg dahin war ungewöhnlich, der erste Job im Theater eher Zufall erzählt er mir. Ursprünglich hatte er als Fotograf gearbeitet und wollte sich für Messe-Präsentationen lediglich etwas Wissen über Tontechnik aneignen, als ein Bekannter ihn darauf brachte, sich beim Schauspiel Köln als Studentische Aushilfskraft zu bewerben. Das war 1986. Die erste Vorstellung, bei der er richtig mitarbeiten durfte, war „Emilia Galotti“ in der Gotscheff- Inszenierung im selben Jahr. Er erinnert sich daran, im Logenturm in der Tonregie gesessen zu haben, das kleine Fenster war zugestellt und man konnte das Bühnengeschehen nur über einen kleinen Schwarz-Weiß Monitor erahnen. „Das hab’ ich ’ne ganze Weile gemacht, obwohl ich kein Student war und auch nie geworden bin“, sagt Oliver. Als Hilfsarbeiter und später als „Fachkraft für Veranstaltungstechnik“ macht er alle neuen Entwicklungen im Tonbereich mit.

Dass er bleibt, liegt natürlich an der Arbeit selbst. Tontechnik am Theater bedeutet schließlich längst nicht mehr nur ein paar Mikrophone einzurichten oder gegebenenfalls einen Musiktrack abzuspielen. Tontechniker:innen arbeitet eng mit der Regie und der Dramaturgie zusammen, da der Sound maßgeblich dazu beiträgt, Stimmung zu erzeugen und zu halten. Ob, wann und in welcher Intensität eine Stimme verstärkt, ein Geräusch eingespielt, Musikuntermalung stattfindet, sind Fragen, die sich täglich neu stellen und für jede Produktion individuell beantwortet werden müssen. Oliver erinnert sich daran, dass er bei Castorfs „Hamlet“ 1989 als Tontechniker gearbeitet hat und seine einzige Aufgabe darin bestand, eine Kassette in einen Recorder einzulegen, die dann von einem Darsteller abgespielt wurde. „Tontechnisch hat es sich da schon entwickelt“, lacht er.

Ein weiterer entscheidender Punkt für Olivers Bleiben ist die Team- und die Arbeitsstruktur: „Es gibt da keine wirkliche Grenze. Zusammenarbeit funktioniert bei uns so, egal mit wem, wir haben bezüglich der Realisation unserer Aufgaben sehr flache Hierarchien“, erzählt er. So liefert man sich schon mal ein Brüllduell mit einem Regisseur oder bittet den Chef auf der Bühne, ein Kabel zu verlegen. Kommunikation und gegenseitiger Respekt auch zwischen den Gewerken ist, wie überall, entscheidend für eine funktionierende Teamstruktur. Natürlich kann gerade diese Intensität mitunter auch anstrengend werden. Während der Arbeit an einer Produktion hat man keine Ausweichmöglichkeit und ist deshalb auch mitbelastet, wenn das Klima auf der Bühne nicht stimmt, oder es andere Probleme gibt. Da braucht es starke Nerven. „Dieser Druck löst sich dann erst mit der Premiere auf“, sagt Oliver. Trotzdem ist er froh darüber, an seiner Arbeitsstelle nicht mit strengen Hierarchien konfrontiert und auch dem Tonmeister nicht unterstellt zu sein. Das wäre ohnehin schwierig, da die meisten Tonmeister:innen in ihrem Studium sehr klassisch geschult werden.

Akustik, Gehörbildung, Instrumentation, Musikanalyse, Partiturkunde stehen auf dem Plan, das Ziel ist die Expertise in Aufnahmetechnik. Fähigkeiten, die in der Oper hilfreich -, am Theater aber bedingt notwendig sind. Es kommt manchmal sogar vor, dass ein:e Tonmeister:in ein Mischpult gar nicht in vollem Umfang bedienen kann und zumindest zu Beginn auf die Arbeit der Kolleg:innen angewiesen ist, auch weil die verwendete Technik von Haus zu Haus variiert. Dass die Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich Tontechnik nicht wirklich auf die Arbeit am Theater zugeschnitten sind ist überhaupt ein Problem, findet Oliver. Neben dem Studium zur Tonmeisterin oder zum Tonmeister, kann man auch ein Studium in Bild- und Tongestaltung absolvieren, oder (z.B. nach einer Spezialisierung in den Studiengängen Elektrotechnik oder Informationstechnik) Toningenieur:in werden. Beide Abschlüsse sind allerdings vornehmlich auf Aufnahmetechnik ausgerichtet. Eine Ausbildungsmöglichkeit am Theater gibt es aber auch: „Die Fachkraft für Veranstaltungstechnik ist eigentlich der Wolpertinger, oder die eierlegende Wollmilchsau“, sagt Oliver. Und meint, dass die Auszubildenden in der Berufsschule teilweise technische Grundlagen erlernen, die im Arbeitsalltag keine Anwendung finden, und außerdem im Haus von Abteilung zu Abteilung wandern, ohne sich während der Ausbildung schon für einen Fachbereich (Video, Licht, Ton, Bühne) entscheiden und darin spezialisieren zu dürfen. Die Ausbildungen sind „im Grunde Sprungbretter“, erklärt er. Das Handwerk lernt man dann bei der Arbeit am Theater, und die macht eben richtig Spaß. Natürlich hat auch Oliver Tage, an denen ihm die Energie fehlt, seiner Arbeit nachzugehen. Das Theaterleben ist letztlich auch körperlich anstrengend, mit vielen Überstunden, Nacht- und Wochenenddiensten verbunden. Trotzdem, im Großen und Ganzen ist die Faszination für seinen Job ungebrochen. Das Team, täglich neue Aufgaben, spannende Produktionen sind für ihn wie „Lebenslänglich Klassenfahrt“. Und mal ehrlich: Wer würde das nicht wollen?