So enstehen Bühnenwelten am Computer
Foto: Stefanie Sixt

Die Videodesignerin: Theater digital denken

Text: Elisa Giesecke

Ich treffe die Videodesignerin Stefanie Sixt pandemiebedingt online. Auch nicht schlecht, so schaue ich quasi direkt auf ihren Arbeitsplatz, denn der Großteil ihrer Tätigkeit am Staatstheater Augsburg spielt sich vor dem heimischen Computer ab. Kaum zu glauben, wenn man sieht, was für spektakuläre Welten sie auf der Leinwand erschafft. In der Inszenierung „Wittgensteins Mätresse“, die wegen eines Corona-Falls in die Spielzeit 2022/23 verschoben werden musste, und von der ich zumindest den Trailer ansehen kann, installiert sie zum Beispiel ganze Häuser, lodernde Flammen schlagen dem Zuschauer entgegen und man bekommt das Gefühl, sich in einer surrealen Traumwelt zu bewegen. „Ich liebe es, Welten zu erschaffen, die es so vorher

nicht gab, zu experimentieren und im Team ein Stück zu entwickeln. Bei der Theaterarbeit ist natürlich das Tolle, das die per se erst einmal grenzenlos ist und wenn man mal begriffen hat, dass man wirklich in alle Richtungen denken kann, dann ist es, als ob sich eine Tür öffnet“, sagt sie begeistert. Stefanie Sixt hat Kommunikationsdesign studiert, dabei spezialisierte sie sich auf audiovisuelle Medien und stieg dann direkt in den Videobereich ein. Seit fünf Jahren arbeitet sie am Theater, daneben entwickelt sie kommerzielle Projekte, zum Beispiel Werbung und Musikvideos. Eine Erfahrung, die sie für die Arbeit im Theater als bereichernd empfindet: „Da geht es auch oft schlicht um technische Umsetzung, um technische Feinheiten, die ein gutes Fundament geben für die Theaterarbeit. Zwar heißt es oft, dass man als Künstler nicht kommerziell arbeiten sollte, weil man irgendwie versaut würde. Dabei lernt man vor allem dort, wie technisch sauber produziert wird, damit es am Ende funktioniert.“

Vor ihrem Einstieg in den Beruf absolvierte sie unzählige Praktika, in denen sie lernte, wie man mit einer Kamera umgeht, welche Einstellungen und Bewegungsabläufe sinnvoll sind, wie Schnitt und Animation funktionieren und vieles mehr. „Wenn man das Glück hat, an der richtigen Stelle zu landen, dann kann man da sehr viel lernen und vor allem auch unter Druck arbeiten“, meint die Videodesignerin. Die Arbeit am Theater sei je nach Regisseur:in ganz unterschiedlich, erzählt sie. Manche hätten sehr konkrete Vorstellungen und Wünsche, die man erfüllen müsse. „Das ist sehr spannend, weil man sich natürlich fragt, wie kann ich das in der Form so umsetzen, dass es den Ansprüchen genügt.“ Bei anderen ist gar nichts festgelegt und man eröffnet über die Auseinandersetzung mit dem Thema Bildwelten, die parallel zur Inszenierung erprobt und verfeinert werden. „Es gibt unzählige Möglichkeiten, Videos einzusetzen, und die wichtigste Frage dabei ist natürlich, was die Rolle des Videos in der jeweiligen Inszenierung ist. Damit ergeben sich dann die Mittel, die man dafür einsetzt. Also, ist es zum Beispiel einfach live oder sind es gedrehte Aufnahmen oder aber ist es eine vollkommen virtuelle Welt. Die Bandbreite ist unheimlich groß und die Schwierigkeit liegt genau darin, die richtigen Mittel auszuwählen.“

Einen großen Vorteil ihrer Arbeit sieht sie darin, dass sie völlig unabhängig arbeiten kann. „Ich kann mit meinem Laptop auf den Seychellen oder im Bayerischen Wald sitzen und einen professionellen Film und Animationen erzeugen. Das ist großartig. Als ich angefangen habe, gab es diese Möglichkeiten noch gar nicht.“ Sorge, dass man als Videodesigner:in ausschließlich im Home Office arbeitet, braucht man im Übrigen nicht zu haben. Gerade wegen der praktischen Umsetzung finden immer wieder Besprechungen während der Proben im Theater statt und man tauscht sich mit der Video-Abteilung aus, wo die Projektionen auf der Bühnen eingespielt werden könnten, wie hell es sein muss, welche Positionierung die Beamer haben müssen usw. Ganz wichtig sei es, mitzubekommen, wie sich die Inszenierung entwickelt, meint Stefanie Sixt: „Nur, wenn ich verstehe, was auf der Bühne passiert, kann ich das auch umsetzen in eine andere visuelle Form.“

Erschienen in junge bühne Nr. 15