Berufsbild
Als Dirigent:in erarbeitet man gemeinsam mit dem Orchester die Aufführung eines Musikwerks und ist verantwortlich für die musikalische Interpretation des Stückes.
Ein ausgeprägtes psychologisches Einfühlungsvermögen und ein feines Gehör, gepaart mit Erfahrung und theoretischem Wissen, ermöglicht es, die Solist:innen und Orchestermusiker:innen zu leiten und ihre individuellen Leistungen zu einem musikalischen Gesamtkunstwerk zusammenzuführen.
Durch die Zeichnung der Taktfiguren mit dem Taktstock regeln Dirigent:innen zunächst den äußeren metrischen Ablauf der Musik. Darüber hinaus bewirken und beeinflussen sie durch das „Wie“ der Zeichengebung Dynamik, Phrasierung, Ausdruck, Einsätze etc.
Je nach Größe eines Opernhauses oder Konzertorchesters sind mehrere Dirigent:innen in den verschiedensten Funktionen tätig. Trotz ihrer voneinander abweichenden Aufgaben im Opernbetrieb verfügen sie alle im Wesentlichen über die gleiche Ausbildung. Der:die ranghöchste Dirigent:in ist der:die Generalmusikdirektor:in (GMD). Als künstlerische Leitung eines Orchesters dirigiert er:sie in der Regel die Hauptwerke eines Spielplans in den wichtigen Vorstellungen (Premieren) und studiert diese mit dem Orchester ein. In welcher Weise ein:e GMD an der Gestaltung des Spielplans und dem Engagement von Sänger:innen beteiligt ist und welche Weisungsbefugnisse er:sie hat, variiert von Theater zu Theater.
Hierarchisch nachfolgend gibt es auf jeden Fall eine:n 1. Kapellmeister:in – der:die neben eigenen vertraglich zugesicherten Premieren – das Repertoire des:der GMD nachdirigiert und auch im administrativen Bereich vertreten kann. 1. Kapellmeister:innen prägen das künstlerische Niveau eines Hauses nachhaltig mit. Weitere Dirigent:innen können als koordinierte oder 2. Kapellmeister:innen, aber auch mit Spezialaufgaben als Ballett- oder Operettenkapellmeister:in angestellt sein. Eine Dirigierverpflichtung für Repertoirevorstellungen ist auch bei Chordirektor:innen, Repetitor:innen (vgl. dort) und Studienleiter:innen möglich, denen allerdings meist keine eigene Einstudierung anvertraut wird.
Chordirektor:innen sind Dirigent:innen, die sich im Laufe ihres Studiums auf Chorleitung spezialisiert haben. Im Theater bereiten sie den Opernchor und bei Bedarf den Extra-Chor musikalisch auf jedes Werk vor. Während der Vorstellung beaufsichtigen sie hinter der Bühne die Einsätze des Chores und dirigieren schwierige Passagen von der Seite mit. Unsichtbare Choreinsätze werden auf der Hinter- oder Seitenbühne mit Blickkontakt zum:zur Dirigent:in über einen Monitor geleitet. Die Dirigierbewegungen sind anders, beim Chordirigieren verzichtet man zudem auf den Taktstock.
Der:die Studienleiter:in wiederum ist direkt dem:der GMD unterstellt und fungiert als Vorgesetzte:r aller Repetitor:innen einer Sparte. Mit dem:der Dirigent:in einer Produktion klärt er:sie Striche, Tempofragen usw., weist die Repetitor:innen ein und überprüft regelmäßig den Leistungs- stand der Sänger:innen. Weiterhin kümmert er:sie sich um die Bühnenmusik und betreut die Wartung und das Stimmen der Tasteninstrumente (Klaviere, Cembalo, Celesta, Orgel).
Voraussetzungen
Zum Dirigent:innen-Beruf gehören neben einschlägigen musikalischen Fähigkeiten Voraussetzungen wie pädagogisches Geschick, Fähigkeiten in der Menschenführung und in der Konfliktlösung sowie eine möglichst umfassende kulturhistorische Bildung. Das Abitur als Schulabschluss ist zu empfehlen, benötigt wird für die Aufnahme in eine Dirigentenklasse meist die Mittlere Reife.
Musikalisch werden Rhythmusgefühl, das relative Gehör und ein gutes Musikgedächtnis gefordert, die sich in sicherem Klavierspiel (Prima-Vista- und Partiturspiel), Kenntnissen bei möglichst vielen Instrumenten und sängerischen Erfahrungen (Chor) darstellen. Darüber hinaus gelten Kommunikations- und Kontaktfähigkeit und eine persönliche Ausstrahlung als Grundvoraussetzungen. Nicht zu vernachlässigen ist die körperliche Leistungsfähigkeit: Dirigieren ist Schwerarbeit, daher ist körperliche Fitness wichtig.
Wie bei allen Leitungspositionen obliegen auch Dirigent:innen besondere Fürsorgepflichten für ihre Mitarbeiter:innen. Sie müssen dafür sorgen, dass das Miteinander im Team respektvoll sowie diskriminierungs- und angstfrei abläuft und sich auch selbst dementsprechend verhalten.
Ausbildung
Nach der Aufnahmeprüfung treten die Studierenden in die Kapellmeister:innenklasse einer Akademie oder Musikhochschule ein. Das Studium umfasst vor allem Orchester- und Chorleitung, und zwar sowohl im Einzel- und Gruppenunterricht als auch vor dem Hochschulorchester. Es dauert etwa acht Semester. Unterrichtsfächer sind u.a.:
- Schlagtechnik
- Repertoireaneignung
- Tonsatz
- Gehörbildung
- Musikgeschichte
- Stimm- und Instrumentalkunde
- sowie Klavier- und Instrumentalunterricht für die eigene Spielpraxis.
Oftmals ist die Mitwirkung im Hochschulchor oder -orchester obligatorisch, um zukünftigen Dirigent:innen ein Gefühl für das Mitatmen und Begleiten zu vermitteln. Italienischunterricht ist für Operndirigent:innen ebenfalls Pflicht.
Aufnahmebedingungen und Lehrpläne der Hochschulen sind unterschiedlich gestaltet. Gewöhnlich werden die Studierenden nach einer bestimmten Zahl von Semestern oder einer Zwischenprüfung von der Ausbildungsklasse in die Meister:innen-Klasse übernommen.
Volontariate bei Theatern und internationale Dirigent:innenkurse sollten das Lehrangebot der Hochschule ergänzen, um durch die Arbeit mit wechselnden Orchestern die nötige Routine zu erlangen. Einen Zusatzstudiengang Chordirigieren gibt es an den Hochschulen in Hamburg und Leipzig; der Studiengang wendet sich an Bewerber:innen mit vorhandener künstlerischer Qualifikation (Schulmusik, Kirchenmusik, Komposition etc.).
Zum Einstieg in den Beruf nach dem Examen kann man sich von der ZAV unentgeltlich vermitteln lassen; mehr Chancen, die erste Anstellung zu erlangen, versprechen die bei Dirigierkursen, Assistenzen oder bei Wettbewerben geknüpften Kontakte. Weiterbildungsangebote findet man unter anderem auf der Website www.dirigentenforum.de. Die Gage, die Anzahl eigener Einstudierungen oder Dirigate sowie die Verpflichtung zu Orchesterdiensten werden frei ausgehandelt. Als Studienleiter:in besitzt man in der Regel das Kapellmeister:innen-Examen.
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